Die Gebäudehülle ist der Dreh- und Angelpunkt für nachhaltige Immobilien

Die Beschaffenheit der Gebäudehülle ist für nachhaltige Gebäude von größter Bedeutung. Vergleichbar der menschlichen Haut erfüllt die Hülle eines Hauses wichtige Aufgaben und stellt zentrale Funktionen sicher. Für die spätere Nachhaltigkeit eines Gebäudes sind bereits der Entwurf und die Planung der Gebäudehülle entscheidend. Die Konstruktion der Hülle ist dementsprechend nicht nur vor der Errichtung eines Gebäudes bedeutsam, sondern sie hat Auswirkungen auf die gesamte Lebensdauer einer Immobilie – von der Bauphase, über die Bewirtschaftung bis zum Rückbau inklusive Wiederwertung und Recycling der eingesetzten Materialien. Beim Neubau von nachhaltigen Gebäuden und der nachhaltigen Ertüchtigung von Bestandsobjekten greifen Architekten und Bauingenieure zunehmend auf nachwachsende und klimafreundliche Baumaterialien zurück und kombinieren diese mit innovativen Bautechniken. Das Ziel sind zukunftsfähige, nachhaltige Gebäudehüllen.

 

Bei den Nachhaltigkeitsüberlegungen ist nicht nur die Fassade als Hauptansichtsseite eines Gebäudes von Bedeutung, sondern die komplette Gebäudehülle. Sie wird von Ingenieuren als geschlossener geometrischer Baukörper definiert, der durch diejenigen Bauteile geformt und beeinflusst wird, die ein Haus nach außen abschließen. Dazu zählen die Wände, aber auch Dach und Decken, Fenster und Türen sowie die Gründung, die als Bodenplatte im Keller oder Erdgeschoss liegt. Entsprechend viele unterschiedliche Ansatzpunkte bietet die Gebäudehülle, um den Baukörper nachhaltiger zu gestalten.

 

Ein Blick auf die Aufgaben und Funktionen der Gebäudehülle zeigt die Bandbreite, die berücksichtigt werden muss. So dienen die verschiedenen Bauteile der Hülle als Barriere gegen Außenluft und Außentemperatur, gegen Niederschlag und Grundwasser, aber auch gegen Außengeräusche und Strahlung wie beispielsweise Licht und Wärme. Zusätzlich übernimmt die Hülle eine wichtige Stützfunktion für das Gebäude. Nicht zuletzt grenzt die Gebäudehülle die beheizten Innenräume gegen Außenluft, gegen das Erdreich und gegen unbeheizte Räume ab und hat damit eine hohe Bedeutung als thermische Barriere für das gesamte Gebäude. Mit der Hülle lassen sich auch die Luftführung und die Kondensation feuchter Luft beeinflussen. Die Gebäudehülle ist insgesamt ein ausschlaggebender Faktor für das Raumklima, die Wärmedämmung, den Energieverbrauch und die Energieeffizienz.

 

Um alle Aufgaben und Funktionen zu erfüllen, ist eine nachhaltige Gebäudehülle meist mehrschichtig aufgebaut. Insbesondere wärmetechnisch optimierte Außenwände und Decken spielen für die Nachhaltigkeit eine große Rolle. Eine aus Gründen des Klimaschutzes zukunftsweisende Lösung stellt beispielsweise eine Gebäudehülle aus zweischaligem Ziegelmauerwerk dar. Die Renaissance dieses ältesten, vorgefertigten Bauelementes der Menschheit bietet für klimaschonende Bauten viele Vorteile. Deutlich im Aufwind sind außerdem innovative Holzkonstruktionen, die mit Beschreibungen wie beispielsweise „Höchstes Wohnhaus aus Holz“ deutlich machen, welches enorme städtebauliche Potential in dem nachwachsenden, klimafreundlichen Baustoff steckt. Je nach Bauweise werden Massivholzbau oder Holzrahmenbau unterschieden und sind bereits für viele Gebäudetypen erprobt. Favorisiert wird Holz beispielsweise auch für Dachaufbauten zur urbanen Nachverdichtung. Außerdem werden Büro- und Wohn-Konstruktionen als hybride Holzgebäude errichtet, die nur noch einen Betonkern für Aufzugsanlage und Treppenhaus besitzen.

 

Selbst mit innovativen Betonsorten können nachhaltige Gebäudehüllen errichtet werden, wie etwa mit Infraleichtbeton. Dank der bauphysikalischen Eigenschaften benötigen Außenwände hier keine zusätzliche Wärmedämmung, was positiv ist für den Ressourceneinsatz, die Energieeffizienz und das sortenreine Recycling. Bisher weniger bekannt ist, wie leistungsfähig Lehm für eine Gebäudehülle auch im großen Maßstab sein kann. Leuchtturmprojekte wie der Neubau des Alnatura Campus, der Lehm und Holzbau vereint, könnten dies jedoch bald ändern. Grüne Nutzdächer und begrünte Fassaden leisten als klimafreundliche Bestandteile einer Gebäudehülle ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit eines Gebäudes. Besonders innovativ erscheinen derzeit Vorschläge, bei denen Algen die Fassade in eine Biokraftquelle verwandeln. Technisch und gestalterisch bereits problemlos möglich ist bei Neubauten die Integration von Photovoltaik-Anlagen in Dächern und Fassaden. Auch die Installation im vorhandenen Baubestand, selbst an denkmalgeschützten Gebäuden, gelingt. Thermisch aktivierte Außenwände und Böden bedienen sich der Betonflächen als Energiespeicher und sind ein Beispiel für die multifunktionale Nutzung der Gebäudehülle.

 

Vielversprechendes Potential wird auch digital vernetzten Gebäudehüllen zugeschrieben. Vorgestellt wurden bereits Lösungen mit Sensoren im Mauerwerk und in Fassadenelementen zur Steuerung der Energieeffizienz eines Gebäudes. Ein Ausblick in die digitale Zukunft zeigt: Die Gebäudehülle im Jahre 2050 wird energetisch autonome Gebäude steuern und über Funktionen verfügen, bei denen sich Innen- und Außenraum eines Gebäudes interaktiv beeinflussen. Einmal mehr zeigt sich, die Zukunft klimaverträglicher Gebäude steht und fällt mit einer nachhaltigen Gebäudehülle.

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„Nachhaltigkeit ist eine Sache des Teamworks“

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Klimaschutz in der Immobilienwirtschaft geht nur mit nachhaltigen Baustoffen